Kranke, Kriminelle, Arme und Fremde; diese Gruppen werden heute kaum mehr als Teile der Gesellschaft gesehen, da sie seit Jahrhunderten ausgegrenzt und marginalisiert werden. Schuld daran ist unter anderem die Institutionalisierung der Hospitalität; der „Gastlichkeit“. Vorgeschlagen wird eine neue Wohntypologie, die gleichermaßen Kranke in halbstationären Kliniken, Kriminelle im offenen Vollzug, Fremde, egal, ob Geflüchtete oder Expats, und Arme, egal ob selbstverschuldet oder unverschuldet, unter einem Dach, mitten in der Gemeinschaft beherbergt, wodurch sich ein inklusiver Effekt einstellen soll. Die institutionelle Fremdbestimmung muss abgebaut, das Wohnen also deinstitutionalisiert werden, während ein gemeindenahes Versorgungsnetz aus vielen kleinen Einrichtungen postuliert wird.
Das Entwurfsgebiet liegt im Harzer Kiez in Berlin Neukölln. Mit einem Anteil von 49,8 Prozent haben überdurchschnittlich viele hier lebende Menschen einen Migrationshintergrund. Die Bewohnenden sind im gesamtberliner Durchschnitt sehr jung und fast jede fünfte hier lebende Person bezieht Sozialleistungen. Psychiatrische Kliniken oder Vollzugseinrichtungen sowie Notunterkünfte sind nicht vorhanden, werden jedoch aufgrund der demographischen Situation dringend benötigt.
Wenn Menschen in einem institutionellen Kontext leben, darf rechtlich nicht von „Wohnen“ sondern nur von „Unterbringung“ gesprochen werden. Mit der Trennung der Frage nach dem Wohnen von der Frage nach der Behandlung wird es auch kranken oder straffällig gewordenen Menschen ermöglicht, eigenen Wohnraum zu beziehen, was ihre persönliche Individualität schützt. Diese Trennung wird durch ein öffentliches Freigeschoss, das eine „Lücke“ zwischen den administrativen Bereichen und den privaten Wohnbereichen herstellt, demonstriert.