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Dorf und Identität – Village Scan Diverse Autor*innen

Was ist ein Dorf? Und was macht es aus? Worin unterscheidet es sich von der Stadt? Jeder von uns kennt ländliche Ortschaften, viele sind in ihnen aufgewachsen, wohnen, leben und arbeiten dort oder nutzen sie als Orte der Erholung. Sie liegen heute oft ganz unscheinbar in der sogenannten „rurbanen“ Landschaft, ein Begriff, der sich einerseits aus der ruralen (dörflichen) Umgebung und andererseits aus der urbanen Lebensweise zusammensetzt. Damit stellt sich für viele der dörflichen Strukturen die Frage nach der eigenen Identität. Sind sie nun Peripherie (von außen betrachtet) oder immer noch Zentrum (von innen gesehen) mit eigener Geschichte und Identität? Und welche Konsequenzen hat die jeweilige Betrachtungsweise für ihre zukünftige Entwicklung?
Im Rahmen des Seminars „Village Scan” an der Professur Stadtquartiersplanung unter der Leitung von Prof. Markus Neppl an der KIT-Fakultät für Architektur haben sich 12 Studierende beispielhaft mit den Dörfern in der Umgebung von Rastatt befasst. In dem städtebaulichen Analyseseminar ging es darum, durch das Medium Fotografie die Dörfer Rauental, Niederbühl und Förch, Ottersdorf, Plittersdorf und Wintersdorf genauer zu betrachten. Das Kernthema war die Frage nach der Identität der Orte, die einerseits als individuelle Dörfer in der sie umgebenden Landschaft existieren, andererseits von der nahen Stadt Rastatt aus als deren Stadtteile gemeinsam verwaltet werden.
Bei dieser analytischen Aufarbeitung sind 12 fotografische Arbeiten entstanden, die sich auf unterschiedliche Art und Weise mit verschiedenen Themen und Aspekten der einzelnen Orte und auch den sie verbindenden Phänomenen auseinander setzen. Ausgangspunkt einer jeden Arbeit war die konkrete Beschäftigung mit den jeweiligen Dörfern und daraus resultierend die Entwicklung eines individuellen Konzeptes, anhand dessen die Studierenden eine aussagekräftige fotografische Position erarbeitet haben.

Diese Arbeiten wollen wir Ihnen hier in dieser Website (www.dorf-identitaet.de) präsentieren. Die Seminarergebnisse wurden von Annkathrin Breitenbach, Paula Holtmann, Marie Kemp, Patrick Schaaf und Kübra Yilmaz im Rahmen eines Stegreifes an der Professur Stadtquartiersplanung aufgearbeitet und kuratiert. Bedingt durch die aktuelle Pandemielage kann eine Ausstellung leider nur auf virtuellem Wege stattfinden.

Simon Bauer

Die Serie wirft einen Blick auf die schmalen, langen Parzellen, die aus einer Zeit stammen, als die Dorfbewohner hauptsächlich noch von der Landwirtschaft gelebt haben. Heute werden diese von der mehrheitlich in der Stadt arbeitenden Bevölkerung nicht mehr in dieser Menge benötigt. Durch ein stetiges Bevölkerungswachstum am Oberrhein werden viele Grundstücke oft abseits von städtebaulichen Regulierungen von den Besitzern selbst weiterentwickelt. Es entsteht eine neue heterogene Struktur mit sehr unterschiedlicher baulicher Dichte. Beim Blick zwischen die einzelnen Grundstücke zeigt sich diese Entwicklung bildlich in der Überlagerung der Elemente in einzelnen Ebenen.

Laura Berndt

In meiner Bilderserie befasse ich mich mit den Zwischenräumen, die in der gewachsenen Struktur der Dörfer entstehen. Diese Räume können unterschiedliche Dimensionen haben und nur einen Spalt zwischen zwei Häusern oder aber eine größere, nutzbare Fläche ausbilden. Jeder dieser Bereiche hat einen individuellen Charakter. Oft bemerkt man sie gar nicht, dabei werden sie auf verschiedene Art und Weise von den Dorfbewohnern genutzt, angeeignet und inszeniert.

Annkathin Breitenbach

In meiner Serie zeige ich die vielfältigen Facetten der Rastatter Dörfer auf; vom Ankommen durch die umliegende Natur über besondere Zwischenräume bis hin zu den prägenden Elementen des Ortsbildes. Es werden öffentliche Räume dargestellt, die durch die Konstellation der Gebäude zueinander und durch den Bildausschnitt entstehen, aber auch spezielle Farbkompositionen und Oberflächen, die mir bei meinen Spaziergängen durch die Dörfer ins Auge gefallen sind, werden zum Thema. Dabei werden die prägenden Elemente durch den engen Bildausschnitt oft angeschnitten und rücken an den Rand, was den Fokus auf die Details schärft. Die unterschiedlichen Herangehensweisen an das Bild sollen in der Ausstellung unterstrichen werden. So bekommen angeschnittene Bilder eine klare Kante, während Motive, bei denen der Abschluss verdeutlicht werden soll, einen weißen Rand und/oder Rahmen erhalten. Die Größe des jeweiligen Bildes wird unter anderem durch seinen Detailreichtum bestimmt. Durch diese spezifische Behandlung und Anordnung der Bilder wandert das Auge des Betrachters durch die Exponate und wird vergleichbar mit meiner Erkundung der einzelnen Dörfer.

Paula Holtmann

Im Rahmen des Seminars erkundete ich zum ersten Mal die Rastatter Dörfer. Dörfer, die so klein sind, dass sie oft nicht einmal über einen Bäcker oder ein Geschäft verfügen, waren mir persönlich bisher fremd. Für mich als Stadtkind gab es so eine Reizüberflutung wie vermutlich auch für den Dorfbewohner, wenn er zum ersten Mal in die Großstadt kommt. In meiner Arbeit habe ich versucht, alle diese Impressionen einzufangen, indem ich auf einer Fahrradtour alle meine Eindrücke sammelte und dann bildlich zu verarbeiten versuchte. Die Fotografien zeigen in ihrer Vielfalt das Leben auf dem Dorf, sie sind geprägt von Gegensätzen und einer allgemeinen Frage nach dem Umgang mit Klischees (wobei hier „Klischees keinesfalls als negativer Begriff aufgefasst werden soll).

Marie Kamp

Die Fotografien beleuchten unterschiedliche Situationen in den Dörfern, die aus dem Drang nach sichtbarer Individualität, uneingeschränkter Gestaltungsfreiheit und dem Umgang mit großen Räumen entstehen. Die teilweise fast skurrilen Ergebnisse veranlassen den Betrachter unweigerlich, sich Fragen über die jeweiligen Menschen hinter diesen Szenarien zu stellen und sich selbst Geschichten dazu zu überlegen, wie sie entstanden sein könnten. Somit portraitiert die Serie ein Stück weit auch die Bewohner der Rastatter Dörfer, ohne sie selbst ins Bild zu setzen.

Sophie Klaß

In meiner Arbeit war der ursprüngliche Gedanke, das Ortsbild mit verschiedenen, herausstechenden Gebäuden festzuhalten. Dabei habe ich festgestellt, dass die Kirche in fast allen Rastatter Dörfern das prägendste Gebäude ist, das meist schon von weitem sichtbar ist und um das herum sich der Dorfkern bildet, der das jeweilige Dorfbild bestimmt. Mir war es deshalb wichtig, die Bedeutung der Kirche für das Dorf in der heutigen Zeit heraus zu arbeiten und diese im Zusammenhang mit dem baulichen Kontext aus verschiedenen Perspektiven zu zeigen.

Alina Koger

Meine Arbeit thematisiert die Einbettung der Dörfer in den Naturraum und untersucht die Beziehung von Architektur und Natur an deren Peripherie. Abgebildet werden diese „Situationen des Übergangs“, indem die Architektur als Symbol für das Dorf im Anschnitt platziert wird. Der Großteil der Bilder zeigt einen Blick hinaus ins Grün und legt dadurch den Fokus besonders auf die fließenden Übergänge zwischen dem Dorf und der seine Identität mitprägenden Umgebung.

Nima Magshoudi

Im Rahmen meiner Fotodokumentation der Rastatter Dörfer habe ich mich mit der Identifikation und Vergleichbarkeit der jeweiligen Ortschaften befasst. Hierbei ist mir ein Herzstück, welches alle Dörfer gemeinsam haben, ins Auge gesprungen: Die freiwillige Feuerwehr. Alle Feuerwehrwachen sind trotz ihrer individuellen Historie Teil einer großen Einheit. Tag ein und Tag aus trägt jeder Einzelne ihrer Mitglieder mit vollem Körpereinsatz zum Schutz der Nachbarschaften bei. Mein Ziel war es, die tägliche freiwillige Arbeit innerhalb der Gemeinden zu zeigen und die Relevanz der Feuerwehr zu verdeutlichen.

Patrick Schaaf

Die Kleine Details und ihre Ästhetik sind nicht nur lediglich eine Randbemerkung. Sie sind genauso bedeutsam wie alles andere. Daher lohnt es sich genauer hinzusehen, denn sie erzählen viel über Charakter, Identität und den Charme eines Ortes.

Jana Schmieder

In meiner Fotoserie widme ich mich den Stromkästen und dem Umgang mit ihnen in den einzelnen Dörfern. In vielen Städten stehen sie mitten im Straßenraum und stören dadurch das Stadtbild. In den Rastatter Dörfern hingegen wurden einige durch künstlerische Motive aufgewertet und machen daher jeden einzelnen Stromkasten zu etwas Besonderem.

Kübra Yilmaz

Meine Serie thematisiert das Nebeneinander von verschiedenen Gebäudestrukturen, die zum Teil in ähnlichen oft aber auch in unterschiedlichen Zeiträumen entstanden sind. Die Ursache hierfür liegt im strukturellen Wandel, der in den Dörfern stattfindet. Aus diesem Grund lege ich in meiner Arbeit den Fokus auf die Veränderung der einzelnen Nachbarschaften und auf die Komposition von unterschiedlichen Raumtypologien in meinen Bildern.

Kai Ballweg
Kontakt
Alina Koger Annkathrin Breitenbach Jana Schmieder Kai Ballweg Kübra Yilmaz Laura Berndt Marie Kamp Nima Maghsoudi @nimamaghs Patrick Schaaf Paula Josefine Holtmann @paulajosefine Simon Bauer Sophie Klaß
Einstelldatum
Professuren/Lehrgebiet
Land
Deutschland
Stadt
Rastatt