Maschinenfabrik Emil Keßler & Theodor Martiensen
Kontext
In der Blütezeit der Industrialisierung entstand 1837 die Maschinenfabrik von Emil Keßler & Theodor Martiensen in der Beiertheimer Gemarkung gegenüber des Ettlinger Tors. Ehemals handelte es sich um die Versuchsfabrik ihres Lehrers Jakob Friedrich Meßmer des Polytechnikums Karlsruhe. Zu dieser Zeit war Baden einer der Vorreiter des Maschinenbaus und die Fabrik fing 1840 mit der Produktion der ersten badischen Staatsbahn an: der Badenia.
Grund für den Bau der Fabrik war die Gründung des Zollvereins und der Bau der Eisenbahnen, die den Binnenhandel belebten. Dieser Fortschritt hatte auch für die Weiterentwicklung von anderen Manufakturen gesorgt, da nun schwere Maschinenteile sehr einfach transportiert werden konnten.
„Unter Fabrik wird ein Gewerbebetrieb verstanden, welcher so ins Große geht, dass einzelne Arbeiter nur einzelne Teile des Gewerbes verrichten, deren von dem Gewerbeherren geleitete Zusammenstimmung dann das Ganze vollendet.“
– VI. Badischen Konstitutionsedikt von 1808
Differenzierung von Gebäuden
Angefangen hatte das Ensemble mit einer einfachen, rechtwinkligen Aufstellung um einen Fabrikhof herum. Dieses wird in der Dissertation von Müller-Wiener auch Architektonische Gruppe genannt. Durch die stetige Akkumulation von Maschinen wurde die Anlage immer effizienter. Zudem ist hier die Entscheidung gefallen, keine Wohnhäuser zur Fabrik hinzuzufügen, da die Ingenieure und Arbeiter in der umliegenden Stadt wohnten. Somit differenzierten sich die Gebäude im Bezug zur Architektur.
Aufbau der Fabrikanlage
Das beschriebene Ensemble aus einem zweigeschossigen Wohnhaus und zwei langgestreckten Fabrikgebäuden umfasste hufeisenförmig einen Platz. Die Flankengebäude waren eingeschossige Hallen mit jeweils zweigeschossigen Pavillons an beiden Enden, die nur in der Aufsicht erkennbar sind. Mit Ausnahme der Magazine und Werkzeugkammern waren alle Werkstätten in der Längsachse angeordnet. Fenster auf beiden Seiten beleuchteten die 6,5m tiefen Halle. Die Gebäude waren so funktional, nüchtern und massiv ausgebildet, dass eine Klage gegen den Residenzbaumeister Schwartz erhoben wurde.
Die Fabrikanlage wurde ab 1838/39 mit einem Gießereigebäude und einer Dampfantriebsanlage erweitert, die den Hof nach Westen abschlossen. Die Montagehalle und die in der Mitte des Fabrikhofs errichtete Brückenwaage erleichterten den Betrieb von 1839/40 an. In dieser Zeit wurde auch eine Verbindung zur Bahnstrecke geschlagen. Um 1843 entstand benachbart die zweite große Fabrik: Die Waggonfabrik von Schmieder und Maier.
Die Zeit nach der Revolution
Die Liquidation der Maschinenfabrik wurde von der Februarrevolution in Frankreich ausgelösten Revolution von 1848/1849 und der unüblichen Breitspurweite von 1600mm statt 1435mm provoziert. Zu diesem Zeitpunkt kaufte die Badische Regierung die Anlage und gründete die Aktiengesellschaft „Maschinenbaugesellschaft Karlsruhe“. Durch die Lage des Grundstücks in einem Wohngebiet5 wurde die Fabrikanlage mit der Zeit enger umbaut und musste aufgrund der umliegenden Wohnungsbauten im Jahr 1905/1906 in die Carl-Metz-Straße umgesiedelt werden. Für die Zwischenzeit konnten trotz der Baugenehmigungspflicht um 1850-60, keine Pläne für eventuelle Erweiterungen gefunden werden.
Quellen
1 Werner Willhaus: Lokomotivbau in Karlsruhe. Die Geschichte der Maschinenbaugesellschaft Karlsruhe und ihrer Vorgänger, Freiburg 2005, S. 4-17.
2 Maike Doll: Emil Keßler, Karlsruhe 2013 (= Karlsruher Köpfe. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 2)
3 Müller-Wiener, Wolfgang: Die Entwicklung des Industriebaues im 19. Jhdt. in Baden, Karlsruhe, Techn. Hochsch., Diss., 1955, S. 101-110