A

Munitionsfabrik Luisa Fiedler

Geschichte des Bauwerkes

Seit den 1870ern existiert im Süden Karlsruhes eine Patronenhülsenfabrik, später erfolgt eine Genehmigung zur Herstellung von scharfer Munition. Bis 1914 wird die Produktpalette rund um das Produkt „Kriegsgerät“ erweitert.

Mit Beginn des ersten Weltkrieges bricht die Hochkunjunktur an. 1914 erhält der Architekt Philipp Jakob Manz den Auftrag eines Erweiterungsbaus in Karlsruhe. Die Bauabnahme des Hallenbaus A erfolgt jedoch erst 1918 aufgrund mangelnder Materialien und Arbeitskräfte . Als Rüstungsproduktionstätte  für ersten Weltkrieg wird das Gebäude also zu spät fertiggestellt. Im Zuge des zweiten Weltkrieges werden in der Fabrik mehr als 17.000 Zwangsarbeiter bei menschenunwürdigen Bedingungen beschäftigt . Aufgrund von Verlagerungen der Produktionsstätten in die Peripherie der Stadt entsteht eine Industriebrache im Süden Karlsruhes. Ab 1981 wird das Gebäude vermehrt für Ausstellungen, Konzerte und Performances genutzt. Nach der Gründung des ZKMs 1989 und langer Suche nach einem geeigneten Gelände und Gebäude wird schließlich der Hallenbau A der Munitionsfabrik als Standort des ZKMs gewählt. 1993 erfolgt der erste Spatenstich durch Gründer Heinrich Klotz, fertiggestellt ist das Gebäude 1997 . Der Hallenbau A hat somit eine interessante und zugleich drastische Veränderung von Krieg zu Kunst durchlebt. Einst geprägt von Waffen zum Töten und Zwangsarbeit bis zum heutigen Nutzen als reflektierendes, öffentliches Zentrum der Kunst und Digitalisierung.ZKM: https://zkm.de/de/von-der-munitionsfabrik-zur-kulturfabrik [05.07.2021]

Das Bauwerk

Der Entwurf des Hallenbau A von Philipp Jakob Manz ist zurückzuführen auf das ‚form follows function‘ Prinzip. Die damals fortschrittliche Industriearchitektur besteht aus einem Stahlbetonskelett auf einer Grundfläche von 312 auf 65,4 Meter. Der Doppelkammgrundriss mit zwei Langbauten ist Nord-Süd ausgerichtet und elf Querspangen verbinden die beiden und bilden zehn Lichthöfe aus. Durch die Skelettbauweise ist ein hoher Anteil an Fensterflächen möglich und die Produktionsstätte weitläufig und lichtdurchflutet. Der Entwurf kombiniert einen sachlichen Ansatz eines Nutzbaus mit repräsentativen Ansprüchen des Besitzers der Produktionsstätte im Stadtbild.ZKM: https://zkm.de/de/von-der-munitionsfabrik-zur-kulturfabrik [05.07.2021]

Ansicht Nord, Hallenbau A, 1915. saai | Archiv für Architektur und Ingenieurbau (KIT), Werkarchiv Philipp Jakob Manz.
Nordfassade des ZKM, heute. Eigene Aufnahme.

„Das Prinzip „form follows function“ trotzt dem Funktionswechsel“

Fassade des Hallenbau A, um 1987. Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVf265.
Ostfassade des ZKM, heute. Eigene Aufnahme.

Kontraste

Die heutige Nutzung als öffentliches Haus für Kunst und Kultur unter den selben

architektonischen Bedingungen wie damals hinterfragt den ursprünglichen ‚form follows function‘ Ansatz durch eine gänzlich konträre Funktion. Die Form bleibt größtenteils – bis auf zwei Anbauten im Osten des Gebäudes – unverändert. Und trotzdem funktioniert der Bau als öffentliches Museum. Der frei bespielbare Grundriss des Skelettbaus diente einst der großflächigen Produktion und ermöglicht heute eine Unabhängigkeit in der Nutzung. Das Bauwerk ist damit ein positives Beispiel der Umnutzung, welche selbst durch einen drastischen Funktionswechsel die besonderen Eigenschaften der Konstruktion anerkennen und für sich nutzen kann.

Gedenktafel zum zweiten Weltkrieg am Haupteingang des ZKM, heute. Eigene Aufnahme.
Kontakt
Luisa Fiedler @luisaconstanze
Einstelldatum
Professuren/Lehrgebiet
Land
Deutschland
Stadt
Karlsruhe