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Ritter AG Philip Brücher

Ende des 19. Jahrhunderts bildeten Zahntechnik und -medizin noch junge Professionen,Vgl. Schmitt, Sabine: Kurzes Intermezzo der Dentisten, in: Der freie Zahnarzt, Bd. 58, Bonn 2014. S. 34f die sich durch Entdeckungen und Innovationen rasch entwickelten.Vgl. Rek, Nadja: Vom Zahnreißer zum Zahnarzt – Eine Geschichte des Zahnarztstuhls im Kontext des Wandels zahnärztlicher Behandlung, Luzern 2018, S. 9 So ist die Ritter AG eine der ersten Firmen, die Geräte entwickelt, welche die neu entdeckte Röntgenstrahlung für die Zahnuntersuchung nutzen.Vgl. Zusammenfassung auf der Website des Wirtschaftsarchivs Baden-Württemberg: https://wabw.uni-hohenheim.de/82363 (5.7.2021)

Im Zuge des Erfolgs expandiert die Firma und zieht 1924 in die schon bestehenden Fabrikgebäude an der Killisfeldstraße in Aue.Vgl. Zusammenfassung auf der Website des Wirtschaftsarchivs Baden-Württemberg: https://wabw.uni-hohenheim.de/82363 (5.7.2021)

Der anhaltende Ruhm der Firma und des Standortes zeigt sich im eigenen Motto aus den 70er-Jahren:

„Unser Werk in Karlsruhe-Durlach exportiert in alle Welt und stellt damit nicht nur die eigene Leistungsfähigkeit, sondern auch die seiner Heimatstadt, deren Menschen und Industrie täglich aufs Neue unter Beweis.“Vgl. Wirtschaftswerbung, in: Adressbuch der Stadt Karlsruhe, Jg. 1970, S. 81, abgerufen über: https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/periodical/pageview/641884 (20.6.2021) Ein Hinweis auf die Verflechtung von Mensch, Stadt und Fabrik.

Fabrik und Stadtraum

Die Wechselwirkung zwischen Fabrik und Stadtraum ist schon beim Bau der Fabrikgebäude 1907 – noch für die Zündkerzenfabrik Unterberg & Helmle – erkennbar: Im Zuge der Planung werden die umliegenden Straßen überhaupt erst mit Wasser- und Gasleitungen infrastrukturell erschlossen. Darüber hinaus wird die Gelegenheit genutzt, um in den nahen Wohngegenden Straßenbeleuchtung zu installieren.Zit. n. „Bürgerausschußsitzung“, in: Durlacher Wochenblatt, Jg. 1907, Nr. 96 (25.4.1907), abgerufen über: https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/pageview/4854210 (5.7.2021)

„Mit […] Verkauf des Geländes an genannte Firma, sei ein weiterer Schritt zur […] Entwicklung der Stadt getan.“Vgl. „Badische Chronik Durlach“, in: Volksfreund, Jg. 1907, Nr. 242 (17.10.1907), S. 3, abgerufen über: https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/pageview/3701923 (20.6.2021)

-Philipp Reichardt (1860-1915), Durlacher Bürgermeister, 1907

Insgesamt erfährt Aue damals, wie auch Durlach, einen großen strukturellen Wandel von einem vorrangig landwirtschaftlichen Standort hin zu einer industriellen Prägung.Vgl. Mührenberg, Anke: „900 Jahre Aue – Im Schatten der Durlacher Residenz“ [24.11.2010], in: Blick in die Geschichte, https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/blick_geschichte/blick88/aufsatz2.de (10.7.2021)

Wichtige Standortfaktoren waren dabei der Bahnhof in Durlach und die Nähe zum Rhein, die dabei halfen, Stahl zu importieren und exportieren.Vgl. Mührenberg, Anke: Kleine Geschichte Durlachs, G.Braun: Leinfelden-Echterdingen, 2009, S. 79 Denn auch Unterberg und Helmle und die Ritter AG, waren auf den Umgang mit Stahl ausgerichtet.

Durch die Ansiedelung in der Peripherie, die auch wegen zunächst vermuteter Gesundheitsrisiken für Stadtbewohner nötig wurde, zogen 140 Schlosser nach Durlach. Dies verstärkt die ohnehin schon vorhandene Wohnungsnot im Stadtteil.Vgl. „Bürgerausschußsitzung“, in: Durlacher Wochenblatt, Jg. 1907, Nr. 96 (25.4.1907), abgerufen über: https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/pageview/4854210 (5.7.2021) Durch eine Neuordnung der Gebietserschließung kann in den 1920er-Jahren allerdings neuer Platz für Wohnbebauung geschaffen werden.Vgl. Mührenberg, Anke: Kleine Geschichte Durlachs, G.Braun: Leinfelden-Echterdingen, 2009

Mit dem Erfolg der Ritter AG wird das Gebäudeensemble der Fabrik immer wieder erweitert, bis schließlich 800 Arbeitsplätze zur Verfügung stehen.Vgl. Wirtschaftswerbung, in: Adressbuch der Stadt Karlsruhe, Jg. 1963, S. 17, abgerufen über: https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/periodical/pageview/632474 (20.6.2021)

Wirtschaftswerbung, in: Adressbuch der Stadt Karlsruhe, Jg. 1963, S. 17, abgerufen über: https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/periodical/pageview/632474 (20.6.2021)
Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A26 37/3/25, Fotograf Horst Schlesiger, Karlsruhe
Stadtarchiv Karlsruhe U I 679
Stadtarchiv Karlsruhe U I 680
Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A42 212/6/15, 1981, Fotograf Horst Schlesiger, Karlsruhe

Neben den Produktionsräumen und Büros für Verwaltung und Entwurf, bezieht das räumliche Angebot der Fabrik dabei teilweise die öffentliche Stadtgesellschaft mit ein. So gab es einen zugehörigen Sportplatz, auf dem der örtliche Sportverein Fußballspiele veranstaltet wurden und eine Kantine, die unter anderem auch an Kinder Essen ausgab.Vgl. Mührenberg, Anke: „Ritter AG“ [2012], in: Stadtlexikon Karlsruhe, https://stadtlexikon.karlsruhe.de/index.php/De:Lexikon:ins-0104 (5.7.2021)

Heute ist die Geltung der Fabrik im Stadtraum nicht mehr direkt zu erkennen. 1995 verließ die Ritter AG Karlsruhe,Vgl. Mührenberg, Anke: Kleine Geschichte Durlachs, G.Braun: Leinfelden-Echterdingen, 2009, S. 148 das Baugebiet wird nun von einem Hotel und Einkaufs- und Lageflächen genutzt. Die Ritter AG hat dennoch nicht nur den Innenraum von Arztpraxen verändert, sondern auch den Stadtraum Karlsruhes nachhaltig geprägt.

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