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Verlag und Druckerei C.F.Müller Eileen Purnama

„Ein Buch hat oft eine ganze Lebenszeit einen Menschen gebildet […]. Was vom Buch gilt – gilt auch vom Verlag.“Siebert, Dieter: Aus der Geschichte des Verlages C.F.Müller, C.F. Müller: Karlsruhe 1947, S. 7 schreibt der damalige Archivrat Dieter Siebert in der Verlagschronik C.F. Müllers aus dem Jahr 1947. Kurz nach einem erheblichen Rückschlag in der Unternehmensgeschichte, der Zerstörung großer Teile der Firmengebäude durch Kriegsbombardierung, blickt die Chronik nicht nur auf die 150jährige Geschichte des Verlags zurück, sondern schaut vor allem nach vorn und macht klar: „C.F. Müller baut wieder auf!“Siebert 1947,  S. 57

Zeichnung des gewachsenen Komplexes Ende des 19. Jahrhunderts in der Verlagschronik von 1947,Siebert, H. Dieter: Aus der Geschichte des Verlages C.F.Müller, Karlsruhe 1947, S. 49.
Zeichnung des Wiederaufbaus der zerbombten Verlagsgebäude nach dem Zweiten Weltkrieg. Siebert, H. Dieter: Aus der Geschichte des Verlages C.F.Müller, Karlsruhe 1947, S. 57.

Was unter Robert Müller-Wirth, dem Urenkel des Verlagsgründers Christian Friedrich Müller, wieder aufgebaut wird, ist der Gebäudekomplex am Inneren Zirkel zwischen Ritter- und Lammstraße, der sich historisch seit 1812 entwickelt hatte.

Vor dem Umzug an diesen Ort hatte der Verlag C.F. Müller schon zwei andere Bauten bewohnt: Seit Ende des 18. Jahrhunderts das Gründungshaus in der Langegasse 144 (heute Kaiserstraße), über das nur überliefert ist, dass es Raum für die Ursprungs-Buchhandlung und Druckerei bot,Vgl. Förster, Katja: Hofbuchdruckerei und Verlag C. F. Müller, in: Stadtlexikon Karlsruhe, 2014, https://stadtlexikon.karlsruhe.de/index.php/De:Lexikon:ins-0052 [07.06.21]. Vgl. Siebert 1947, S. 10 und einen Neubau in der Herrenstraße ab 1806. Durch Müllers Verkaufsanzeige aus dem Jahr 1811 ist die Raumaufteilung von letzterem überliefert: sechs Räume auf zwei Stockwerken, ein bewohnbares Hintergebäude mit Waschküche und Holzstall, ein Hof mit Garten. Situiert war das Gebäude „vis à vis der Katholischen Kirche“ und brachte als besondere Ausstattung einen Blitzableiter mit.Vgl. Im, Hea-Jee: Karlsruher Bürgerhäuser zur Zeit Friedrich Weinbrenners, Philipp von Zabern: Karlsruhe/Mainz 2004, S. 202

Eingang der Ritterstraße 1 mit Kriegszerstörungen um 1946. Generallandesarchiv Karlsruhe, 69 Verlag CFM 1283.

Da diese Räumlichkeiten wiederum zu klein für alle Druckgeräte und Mitarbeiter*innen wurden, entstand 1811 nach dem Entwurf Friedrich Weinbrenners ein dreistöckiges Gebäude an der Ecke Alte Adlergasse/Innerer Zirkel. Zeitgleich wurde ein zweigeschossiges Gebäude, ebenfalls aus der Feder Weinbrenners, an der Ecke Ritterstraße/Zirkel errichtet, in welches der Verlag umzog. Der andere Weinbrenner-Bau ging in den Besitz Herzog Karls über und diente als Gouvernementshaus.Vgl. Im 2004, S. 209. | Vgl. Siebert 1947, S. 21 Weshalb beide Häuser entstanden und das eine noch unbewohnt veräußert wurde, ist nicht überliefert. Die Lage an der Ritterstraße entpuppte sich allerdings insofern als praktisch, als dass Müller und seine Nachkommen in den Folgejahren die Nachbargrundstücke erwerben und bebauen konnten. So entstand bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ein durchgängiger Komplex zwischen Ritter- und Lammstraße zum Inneren Zirkel hin.Vgl. Förster 2014Zeitgenössischen Abbildungen ist zu entnehmen, dass die Fassadengestaltung diese Zusammenstückelung in einer Dreiteilung wiedergab. Zwar standen alle Bauten traufständig zur Straße und wiesen einheitlich Satteldächer mit Spitzgauben vor, doch war das Eckgebäude an der Lammstraße durch Quaderputz und verschiedene Fenstergiebel mehr verziert als die nur durch waagerechte Gesimse unterteilten anderen beiden Bauten. Lediglich ein auffälliges Detail ist am anderen Eckbau zu finden: Ein Erker in Form eines Turmes an der Ecke zur Ritterstraße, dessen spitzes Zeltdach die Satteldächer überragte.

Innenansicht des wiederaufgebauten Gebäudes an der Lammstraße mit den Druckmaschinen, 1950er-Jahre. Generallandesarchiv Karlsruhe, 69 Verlag CFM 1263, Fotograf Erich Bauer, Karlsruhe.
Innenansicht des wiederaufgebauten Gebäudes an der Lammstraße mit den Setzplätzen, 1950er-Jahre. Generallandesarchiv Karlsruhe, 69 Verlag CFM 1263, Fotograf Erich Bauer, Karlsruhe.

Nur der Schornstein im Hintergrund ließ erahnen, dass es sich bei dem Gebäudekomplex um eine Industrieanlage handelte. Die klassizistischen Fassaden mit Dekoelementen wie Ziergiebeln, Fensterläden und dem Eckerker glichen denen anderer Bürgerhäuser Weinbrenners. Zum Teil passte es aber auch, da zumindest die ersten Generationen der Inhaber-Familie Müller auch immer im Firmengebäude lebte.

Diese Unkenntlichkeit der Fassade ist wohl bezeichnend für den bürgerlichen Verlag C.F. Müller, der in unserer Ausstellung an der Grenze von der Industrie zum Manufaktur- und Kunsthandwerkswesen steht.

Ein Mitarbeiter an der Schreibmaschine um 1966. Generallandesarchiv Karlsruhe, 69 Verlag CFM 1241, Fotograf: Carl Näher, Reutlingen.

Nach dem Wiederaufbau der Gebäude am Zirkel konnte die Produktion in der Innenstadt nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen werden. Das Verlagsprogramm spezialisierte sich zunehmend auf juristische und naturwissenschaftliche Schriften, nachdem das Karlsruher Tagblatt 1937 eingestellt worden war und auch keine Lebensmittelmarken oder Geldnoten wie in den Kriegen gedruckt werden mussten. Vgl. Förster 2014 Die Auftragslage blieb gut, der Standort in der Innenstadt bot aber keinen  Raum für Wachstum mehr. So wurde in den 1960er-Jahren eine neue Sheddach-Halle in Mühlburg bezogen, die dem Verlag weitere 35 Jahre als Dienstsitz diente.

Einfahrt zur um 1960 erbauten Sheddachhalle in Mühlburg. Stadtarchiv Karlsruhe, 8/BA Schlesiger A44/64/2/13, Fotograf: Horst Schlesiger, Karlsruhe.
Luftaufnahme von 1961 der Sheddachhalle. Generallandesarchiv, 69 Verlag CFM 1304, Fotograf: Albrecht Brugger, Stuttgart.
Die Konstruktion der Mühlburger Sheddachhalle beim Aufbau um 1960. Generallandesarchiv, 69 Verlag CFM 1239, Fotograf: Horst Schlesiger, Karlsruhe.

Die Verlagsgebäude unterscheiden sich in der rund 200jährigen Geschichte von C.F. Müller sehr und spiegeln in ihrer Varianz die wechselvolle Geschichte eines Unternehmens wider, welches von der Markgrafschaft bis in unsere moderne Zeiten über fünf Generationen bestand.

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