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Vogel & Schnurmann Ignaz Mink

Hadernsortieranstalt und Kunstwollfabrik

Vogel & Schnurmann war die zeitweise[RNR(1] um 1926 die größte Firma auf dem Gebiet der Alttextilverwertung im deutschen Reich und einer der wichtigsten Arbeitgeber der Stadt Karlsruhe.Toury, Jacob; Toury, Eva; Zimmermann, Peter: Jüdische Textilunternehmer in Baden-Württemberg 1683-1938, Mohr Siebeck Verlag, Tübingen 1984 Seinen Ursprung fand das Unternehmen in einem Lumpenhandel, der 1933 vom jüdischen Unternehmer Juda Levy Vogel in Muggensturm bei Rastatt gegründet wurde. Das Geschäft expandierte zum ersten Mal mit dem Eintritt des Schwiegersohnes Samuel Schnurmann. Die fortan „Vogel & Schnurmann“ genannte Firma beschäftigte 1866 etwa 30 Mitarbeiter und sortierte und verarbeitete alte Lumpen zu Reißwolle, die hauptsächlich nach England exportiert wurde.Vogel und Schnurmann, Stadtwiki Karlsruhe: https://ka.stadtwiki.net/Vogel_und_Schnurmann [02.07.2021]

Arbeiterinnen beim Sortieren von Lumpen am Fließband, 1958. Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger 1958: A 5 98/2/16 A, Fotograf: Horst Schlesiger, Karlsruhe.

Die eigentliche Expansion begann erst mit dem Hinzustoßen vonDurch die Erweiterung der Firmenleitung um Juda Levys Sohn, Samuel Vogel. Ziel war es denwurde auch die Verarbeitung der selbst produzierten Rohstoffe integriert selbst zu Endprodukten zu verarbeiten. Demnach verlegten sieIm Jahr 1879 verblieb unter Beibehaltung ders Sortier- und Reißwollbetriebes in Muggensturm, die Verarbeitung aber wurde den Sitz nach Karlsruhe ans Mühlburger Tor in unmittelbare Nähe des dortigen Bahnhofs verlegt, wo sich damals noch ein Bahnhof befand. Zur selben Zeit nahmen sie auch einen weiteren Teilhaber mit Simon Bernheimer auf.

1899 zog die Firma Vogel & Schnurmann auf das neu errichtete Fabrikareal am Westbahnhof bei Grünwinkel,  (heutige Zeppelinstraße). Es wurden bis 1907 das Produktionsgebäude, ein Bürogebäude, ein Kesselhaus, Wäscherei und Färberei, ein Lagerschuppen und ein verbundenes Wohn- Wasserturmgebäude errichtet, das noch heute mit seinen 32 Metern Höhe prominent an der Ecke von Bannwaldallee und Zeppelinstraße steht.

Lageplan 1924. Stadtarchiv Karlsruhe 1/BOA 16481, Seite 11.

Dies war der finale und wichtigste Umzug der Firma, denn 1908 wurde dort zusätzlich mit der Produktion von Kunstwolle und Kunstbaumwolle begonnen und das Werk beschäftigte 1911 schon rund 500 Mitarbeiter*innen.Strauß, Wolfgang: Dr. Erich Bernheimer, in: Gedenkbuch für die Karlsruher Juden (2007): http://gedenkbuch.informedia.de/index.php/PID/12/name/299/ [02.07.2021]

Ein Arbeiter und eine Arbeiterin an einer Fabrikanlage arbeitend, 1958. Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger 1958: A 5 98/2/14 A, Fotograf: Horst Schlesiger, Karlsruhe

Mit den Folgen des Ersten Weltkrieges wurde das Unternehmen 1926 die größte Hadernsortieranstalt Deutschlands und schaffte einschließlich des Betriebes in Muggensturm etwa 700 Arbeitsplätze.

Das Jahr 1933 bescherte der Firma und ihren Menschen Mitarbeiter*innen großes Unglück. Teile der Fabrik brachen eines Nachts aus unbekannten Gründen in Flammen aus und brannten nieder. Nicht viel blieb erhalten.

Brennendes Gebäude in der Brandnacht 1933. Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS 0XIVf 161.
Verbrannte Maschinen, 1933. Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS 0XIVf 151.

1938 geschah der unvermeidbare Zwangsverkauf der Firma. Die damaligen Eigentümer Leo und Willi Sally Vogel wurden infolge der „Arisierung“ gezwungen die Firma weit unter ihrem eigentlichen Wert zu verkaufen. Beide Familien wanderten daraufhin nach England aus. Nun nannte sich die Firma „Oberrheinisches Textilrohstoffwerk Heim, Huber & Co KG“.

Der Zweite Weltkrieg brachte nochmals Zerstörung über das Fabrikgelände. Obwohl bei Bombenangriffen die Produktionsgebäude, Bürogebäude und das Lager völlig zerstört worden waren, wurde die Produktion nach dem Krieg fortgesetzt.

Luftaufnahme der US-Amerikaner von Grünwinkel, 1945. Stadtarchiv Karlsruhe 8/Alben 370/34.

Die rechtmäßigen Eigentümer erhielten Teile ihres ursprünglichen Besitzes zurück, aber das Unternehmen fand nie zu seiner früheren Bedeutung zurück. Das Jahr in dem der Betrieb eingestellt wurde ist unbekannt.

Heute sind noch drei Gebäude der ursprünglichen Fabrik erhalten: der Wohnwasserturm, das Kesselhaus und Teile der Färberei. Beck, Rainer: Industriearchitektur in Karlsruhe, Verlag: Braun, 1987 Dem Kesselhaus kam neue Bedeutung zugute, denn es wurde 2009 mit einem Restaurant neubelebt. Das sich daneben befindliche alte Färbereigebäude wurde daraufhin zur Event-Location umfunktioniert.

Blick auf den Wasserturm, 1958. Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger 1958: A 5 98/1/23 A. Fotograf: Horst Schlesiger, Karlsruhe.
Blick auf das Kesselhaus, 1987. Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVf 360. Fotografin: Margit Stüber, Karlsruhe.
Blick auf das Färbereigebäude, 1987. Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS 0XIVf 358. Fotografin: Margit Stüber, Karlsruhe.
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